Das neue Wahrzeichen der Kirschenstadt Witzenhausen
Im
Eiltempo schreitet der Bau der Müllverbrennungsanlage, dem neuen Wahrzeichen
Witzenhausens, voran. Möglich gemacht durch die Verschiebung des
Verhandlungstermins der Normenkontrollklagen um 3 Monate. Die seit dem 01.03.07
Vorsitzende des 4. Senates am Hess. Verwaltungsgerichtshof Kassel, Fr. Rudolph,
sah sich außer Stande bis zum 18.04.07 die Verfahrensakten zu bearbeiten. Ohne
Rücksicht auf die nach FFH-Richtlinie zu schützende Fledermauspopulation
setzen die neun Flutlichtscheinwerfer an den beiden 50-60m hohen Kränen nicht
nur die Baustelle, sondern auch Gelster, Radweg und den angrenzenden Wald im
Bereich von mehreren hundert Metern unter Helligkeit. Wohin weichen die säugenden
Bechstein-, Fransen-, Bart- und Wasserfledermausweibchen, die ihre Wochenstuben
im Werratal haben aber jegliches Licht meiden, aus? Die von ihnen als Leitlinie
genutzte Gelster wird durch die Beleuchtung unterbrochen.
Das
von IBAS am 1.12.04 erstellte Baustellenlärmgutachten wurde der Öffentlichkeit
weder im Verfahren zur Genehmigung des Heizkraftwerkes noch bei der Änderung
des B-Planes zugänglich gemacht. Nur dem Umweltbericht ließ sich entnehmen,
dass in östlicher Richtung bis zu einer Entfernung von 400m noch ein
Baustellenlärm von mehr als 60 dB(A) entsteht. Der Baustellenlärm beeinträchtigt
vor allem die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr, denn sie sammeln Laufkäfer
aufgrund der Geräusche.
Der
städtebauliche Vertrag zwischen der Stadt Witzenhausen und der Fa. SCA sieht
den Fledermausschutz lediglich für die auf der alten Gleisanlage entstehende
Straße vor. Den Unterzeichnern, Ex-Bürgermeister Engel und Ex-Stadtrat Vogelei
waren vermutlich der Inhalt des Vertrages und die Aussage im Umweltbericht
wonach die Baustelle von April bis Oktober während der Dunkelheit nicht
beleuchtet werden darf nicht bekannt, ansonsten hätten sie den Vertrag nicht
unterzeichnen dürfen. SCA beruft sich in dem Vertrag auf die im „Fledermauskundlichen
Fachbeitrag“ (Bach und Rahmel) von Herrn U. Rahmel gemachte Aussage,
wonach ein Waldmantel die Baustelle gegenüber dem FFH-Gebiet abschirmt. Konnte
Herr Rahmel wirklich nicht das Ausmaß der Baumaßnahme in dieser Größenordnung
abschätzen oder fertigte er eher ein Gefälligkeitsgutachten an? Wenn das
politisch gewollte Industrievorhaben absoluten Vorrang vor dem FFH-Schutz hat,
ist es mit dem Schutz des Menschen nicht besser bestellt.
Wie
Fledermäuse als Touristenattraktion Geld bringen können, lässt sich in Bad
Segeberg erfahren. Fledermauskundige lassen die Besucher mit
Ultraschalldetektoren an den Lauten teilnehmen, die Fledermäuse aussenden, um
die Gegend zu erkunden und um Beute zu jagen. In einem Industriegebiet bei einer
Müllverbrennungsanlage kann mit Sicherheit keiner für solch einen Spaziergang
begeistert werden.
Zukünftig
werden Radler des „Herkules-Wartburg“-Radweges nach der Vorbeifahrt an der
MVA sich nicht angeregt fühlen, in der Nähe einzukehren oder zu nächtigen.
Ein Hinweisschild ist nicht notwendig, das Projekt riecht für sich selbst!
(08.05.2007)
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