Firma SCA nicht mehr
Betreiberin der Müllverbrennung
Seit
Juni 2009 steht im Gelstertal, nahe der Nordhessischen Kirschenstadt
Witzenhausen, kein Ersatzbrennstoff-Kraftwerk, wie ursprünglich geplant,
sondern eine Verbrennungsanlage zur Beseitigung und Verwertung von Abfällen.
Der Hauptzweck ist nicht die Energiegewinnung, sondern die Abfallentsorgung.
Wäre das Genehmigungsverfahren für eine
Abfallverbrennungsanlage geführt worden, hätte von dem in der 17.
Bundesimmissionsschutzverordnung vorgeschriebenen Sauerstoffgehalt von 11% im
Abgas nicht abgewichen werden dürfen. Der Abgasvolumenstrom wäre um 25% höher
gewesen, dadurch wäre es in der Ausbreitungsrechnung bei mehreren
Schwermetallen zur Überschreitung der Irrelevanzgrenze gekommen, die eine
Ermittlung der Vorbelastung erforderlich gemacht hätte. Hat der 2.Senat des
Hessischen Verwaltungsgerichthof nicht mit solchen Winkelzügen gerechnet, als
er die Klagen abwies?
Firma B+T Energie GmbH, Eigentümerin der Müllverbrennungsanlage,
ist nun auch Betreiberin der Müllverbrennungsanlage und des in Zukunft nur noch
mit Heizöl betriebenen alten Heizkraftwerkes der Fa. SCA. Fa. SCA Packaging
Containerboard Witzenhausen GmbH nimmt nur noch auf Grundlage interner Verträge
die operative Betriebsführung wahr.
Ein wesentlicher Grund für den
Betreiberwechsel ist sicherlich der in einigen Jahren anstehende Kauf von
Emissionszertifikaten für den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2).
Dieser Kauf wäre für Fa. SCA erforderlich geworden, da EBS-Kraftwerke
spezifisch deutlich höhere Emissionen aufweisen als Gaskraftwerke.
Abfallverbrennungsanlagen sind vom Emissionshandel befreit.
Ein weiterer Grund für den
stattgefundenen Betreiberwechsel ist vermutlich das laufende
Genehmigungsverfahren von SCA zur Erhöhung auf die doppelte
Papierproduktionsmenge. Bisher wurden das Gaskraftwerk und die Abfallverbrennung
als Nebenanlage der SCA-Papierfabrik geführt. Dies ändert sich durch den
Betreiberwechsel. Die Abfallverbrennung und das alte Kraftwerk werden eigenständige
Anlagen, darum müssen die Auswirkungen nicht in die Umweltverträglichkeits-prüfung
(UVP) einbezogen werden. Die Auswirkungen, des für die Biogasverbrennung
errichteten Blockheizkraftwerkes, Betreiber B+T Biopower GmbH werden ebenfalls
nicht einbezogen, obwohl neben den Verbrennungsabgasen auch FCKW freigesetzt
wird.
Die öffentliche Kreditanstalt für
Wiederaufbau (KfW) bewilligte einen außergewöhnlich niedrigen Zins für das
126 Millionen Projekt. Da die Wärme- und Stromabnahme nun nicht mehr sicher
ist, fragt sich der Verein, ob hier nicht zu großzügig Steuergelder ausgegeben
wurden.
Aufgrund einer Akteneinsicht
erhielt der Verein Gesundes Gelstertal Witzenhausen e.V. Kenntnis über
Einzelheiten der einzelnen Vorgänge. Fa. SCA ließ zum Ende des 8-monatigen
Probebetriebes, den 11.5.2009, entsprechende Messungen und Kalibrierungen, zur
Inbetriebnahme durchführen. Die 17. BImSchV schreibt vor, dass die Öffentlichkeit
von dem Ergebnis zu unterrichten ist. Dies ist bis heute nicht geschehen.
Beim Genehmigungsverfahren
zur Änderung der Baulichkeiten an der Abfallverbrennungsanlage (Ende
2007) bemerkte der Verein Unstimmigkeiten bezüglich der Einhaltung der Höhenfestsetzungen
im Bebauungsplan. Eine Anfrage an das Kreisbauamt Eschwege und die Stadt
Witzenhausen blieben unbeantwortet. Die Antragstellerin Fa. SCA hat, um die zulässige
Bauhöhe einzuhalten, in den Änderungsunterlagen die Gebäude 20cm tiefer
gebaut, als in den ursprünglichen Unterlagen angegeben. Zum Zeitpunkt der
beantragten Änderung waren die Gebäude aber bereits errichtet. Verantwortlich
für eine ordnungsgemäße, den öffentlich- rechtlichen Vorschriften
entsprechende Ausführung des Bauvorhabens ist das Kreisbauamt Eschwege.
Was hat Architekt Wilhelm
veranlasst, die Berechnung der Baumasse im Genehmigungsverfahren der ursprünglichen
EBS-Anlage mit einer falschen Grundstücksgröße auszuführen? War der Grund
die verwandtschaftliche Beziehung zwischen Betriebsleiter Herrn Goetze und
Architekt Herrn Wilhelm? Obwohl der Verein gegen die falsche Berechnung
Widerspruch einlegte, erteilte das Regierungspräsidium die Genehmigung. Die
sofortige Vollziehbarkeit wurde vom RP allerdings erst erteilt, als der geänderte
B-Plan mit einer Höhenfestsetzung, anstatt der ehemals zulässigen
2-geschossigen Bauweise, rechtskräftig wurde. Fehlerhaft ist für den Verein
die neue Aufstellung zur Baumassenzahlberechnung, da sie nicht alle Gebäudeteile
der Abfallverbrennungsanlage beinhaltet.
Es wäre anzunehmen, dass
der Stadt Witzenhausen wenigstens eine Steuereinnahme aus der Abfallverbrennung
zu Gute kommt. Aber ist das so? Bürgermeisterin Fischer klagt weiterhin über
sinkende Steuereinnahmen, eine diesbezügliche Anfrage des Vereins hat sie noch
nicht beantwortet. Die Stadtwerke Witzenhausen, die bisher Gewinne
erwirtschaftet haben, verloren mit Fa. SCA einen großen Stromabnehmer. Fa. B+T
Energie speist jetzt den Stromüberschuss aus der Abfallverbrennung in das Netz
ein, welcher von den Stadtwerken aufgekauft werden muss.
Für den internationalen
Konzern SCA (Svenska Cellulosa Aktiebolaget), der im Öko-Aktien-Index vertreten
ist, ist diese Vorgehensweise des Werkes Witzenhausen, die nur auf Profit
ausgerichtet ist, ein Makel.
Für den Verein Gesundes
Gelstertal Witzenhausen e.V. ist deutlich, dass beginnend im Mai 2003 mit der
Veröffentlichung einer Trockenstabilatverbrennung in der örtlichen Presse, dem
Genehmigungs- und B-Plan Änderungsverfahren mit den entsprechenden
Klageverfahren, dem Betrieb der Abfallverbrennung und dem nun anstehenden
Genehmigungsverfahren zur Produktionserhöhung ein politisch beschlossenes
Projekt auf Kosten von Menschen und Umwelt durchgesetzt wird.
Pressemitteilung Gesundes Gelstertal Witzenhausen e. V. vom 10.10.2009 |