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Trockenstabilatverfahren im Lahn-Dill-Kreis
Eine Stellungnahme des BUND-Bundesarbeitskreises Abfall, 21-11-2000 

Der BUND betrachtet das sogenannte Trockenstabilatverfahren, wie es derzeit im Lahn-Dill-Kreis durchgeführt wird, mit großer Skepsis. Nach Ansicht des BUND würde das Tockenstabilatverfahren in Konsequenz einen Rückschritt in die Müllverbrennungsideologie der 60er Jahres darstellen, da es darauf abzielt, den getrockneten Müll zur Ersatzbrennstofferzeugung für Industrieöfen zu verwenden.

Aus der Sicht des BUND handelt es sich beim Trockenstabilatverfahren zudem nicht um eine echte mechanisch-biologische Restabfallbehandlung, da das Ziel des Trockenstabilatverfahrens darin besteht, den Müll möglichst schnell zu trocknen, statt eine möglichst weitgehende Reduzierung des biologisch abbaubaren Anteils im Restabfall zu erreichen. Durch diese Kurzrotte lassen sich auch niedrigere Abluftwerte erzielen, als bei einer echten MBA, denn bei einer MBA ist im Gegensatz zum Trockenstabilatverfahren ein weitgehender biologischer Abbau gewollt. Eine Restmüllrotte mit dem Ziel, die biologisch abbaubare Substanz im Restmüll möglichst weitgehend zu minimieren, ist aber in Rotteboxen im Vergleich zu anderen mechanischbiologischen Verfahren der Restabfallbehandlung (MBA) relativ teuer. [ Peter Gebhardt, Das Trockenstabilatverfahren. Eine MBA als Vorhof zur Müllverbrennung: KGV-Rundbrief t J97, Seite 24.] . Eine abschließende Deponierung ist nach der Kurzrotte allerdings nicht sinnvoll, da bei Kontakt mit Wasser dieser Abfall sofort wieder zu rotten und zu gären beginnen würde [vgl. Gebhardt, Das Trockenstabilatverfahren, Seite 26 ].

Der BUND fordert die verantwortlichen Politikerinnen auf, Trockenstabilat nicht als Abfall zur Verwertung, sondern nur als Abfall zur Beseitigung einzustufen, da es sich nach wie vor um Restabfall handelt. Außerdem erwartet der BUND, daß der Restabfall stattdessen den ökologisch und ökonomisch sinnvolleren Weg einer mechanisch-biologischen Restabfallbehandlung mit sicherer Ablagerung des biologisch behandelten Materials geht. Die heizwertreiche Fraktion kann einer stroffstromspezifischen Behandlung zur Gewinnung verwertbarer Teilfraktionen zugeführt werden.

Begründung
Das Trockenstabilatverfahren - Kurzbeschreibung
Beim Trockenstabilatverfahren wird der hinsichtlich seiner stofflichen Zusammensetzung und hinsichtlich seines Heizwertes sehr heterogene Restmüll unter Nutzung der Eigenwärme des Rottesprozesses (bis zu 70 Grad C) in einer Kurzrotte von 7 bis 10 Tagen getrocknet und damit biologisch stabilisiert. Dabei werden ca. 3 Gewichtsprozent der leichtabbaubaren organischen Substanz abgebaut. Das entstehende Material ist weitgehend biologisch inaktiv. Der Wassergehalt sinkt in dieser Zeit von ca. 40 Prozent auf ca. 15 Prozent. Nach dieser Kurzrotte werden aus dem dann als Trockenstabilat bezeichneten Restmüll in verschiedenen Verfahrensschritten Eisenteile, Nichteisenmetalle, mineralische Teile und Kleinbatterien entfernt (Trennung in Schwergut und hochkalorisches Stabilat). Parallel steigt der Heizwert von durchschnittlich 10.500 kJ/kg (nicht getrockneter Hausmüll) auf bis zu 18.000 kJ/kg (Stabilat). 
Zur weiteren Lagerung wird das Stabilat in Ballen verpresst und in Kunststofffolie aus Polyethylen verpackt.
Das Stabilat soll zu etwa 25 Prozent in der eigens dafür gebauten Energie-Verwertungs-Anlage EVA und zu rund 75 Prozent in industriellen Prozessen wie der Zementherstellung verbrannt werden.

Problempunkte des Trockenstabilatverfahrens
Das Trockenstabilat wird zwar durch die Abscheidung von Metallen teilweise von Schadstoffen entlastet, bleibt aber dennoch als bedenklich einzustufen:
So bleiben chlorhaltige Kunststoffe und andere organische Chlorverbindungen praktisch vollständig im Stabilat. Chemisch gebundene und in anderem Material eingebettete Metalle entziehen sich der mechanischen Abscheidung.

Die Schwermetallbelastung des Stabilats bleibt weiterhin beträchtlich
Dadurch ergeben sich insbesondere Probleme bei der beabsichtigten Mitverbrennung von Trockenstabilat in Zementwerken. Dies wird auch vom Umweltbundesamt (UBA) in einer Stellungnahme zum Trockenstabilatverfahren deutlich belegt. Der Vergleich der Schadstoffgehalte des Trockenstabilats mit den Richtwerten des "LAGA-Entwurfs Abfallliste zur energetischen Verwertung in Zementwerken" vom 31.10.1997 zeige eindeutig, daß die Richtwerte für den Einsatz in Zementwerken für Cu [Kupfer], Hg [Quecksilber], Pb [Blei] und Zn [Zink] bereits bei den Mittelwerten überschritten werden. Bei Cr [Chrom] liegt die gemessene Maximalbelastung des Trockenstabilats über dem Richtwert für Zementwerke. Von daher wäre der Einsatz von Trockenstabilat im Zementwerk nicht im Einklang mit den Richtwerten des LAGA-Entwurfes. [Umweltbundesamt, Seite 10]
Insbesondere Quecksilber würde bei einer Verbrennung in Zementwerken zu Problemen führen, da es auf Grund nicht vorhandener oder unzureichender Filtertechniken in den Zementwerken kaum zurückgehalten werden kann, wie Günter Dehoust vom Darmstädter ÖkoInstitut immer wieder betont. [Vgl. KGV-Rundbrief 3+4/98, Seite 17]
Auch bezüglich eines möglichen Einsatzes von Trockenstabilat im Kraftwerk wird von Seiten des UBA darauf aufmerksam gemacht, daß die Vergleichswerte teilweise über den Schadstoffgehalten herkömmlicher Brennstoffe (Braunkohle und Steinkohle) liegen: Die Feststoffkonzentration des Trockenstabilats liegen bei Pb, Cr, Cu, Ni [Nickel], Sn [Zinn] weit über den Werten für Lausitzer Braunkohle, ebenso sind Fluorid- und Chlorgehalt von Trockenstablilat 10fach höher als in Lausitzer Braunkohle.
Das zeigt, daß das Trockenstabilat keine Zusammensetzung hat wie Braunkohle, sondern zum Teil höher belastet ist. Des weiteren sind die Schwankungsbreiten der Zusammensetzung des Trockenstabilats höher,als bei Braun- und Steinkohle. [Umweltbundesamt, Seite 12]
Als problematisch ist auch die eigens errichtete Energieverwertungsanlage EVA zu betrachten. Die EVA setzt keine besseren Umweltstandards, sondern es wurde versucht, eine möglichst kostengünstige Anlage zu konzipieren. Dies hatte u. a. zur Folge, daß die Anforderungen der 17. BlmschV mit einer relativ einfachen trockenen Abgasreinigungstechnik eingehalten werden sollten, statt dem Stand der Technik zu genügen, der mit einer nassen Abgaswäsche wesentlich niedrigere Emissionswerte erzielen könnte. [Vgl. Umweltbundesamt, Seite 9; vgl. auch Lahl, Seite 22. Die geplante Anlage wird voraussichtlich weit mehr an Schadstoffen emittieren, als moderne Müllverbrennungsanlagen."  Peter Gebhardt, Verbrennungsanlage für Trockenstabilat in Aßlar genehmigt: KGV-Rundbrief 1 /98, Seite 15.]

Gesamtabfallwirtschaftliche Einordnung
Unzulässigerweise vermischt wird das Trockenstabilatverfahren mit dem System der Getrenntsammlung im Lahn-Dill-Kreis, insbesondere hinsichtlich der Sammlung des Dualen Systems Deutschland (DSD). Da das Trockenstabilatverfahren für sich im Gegensatz zum DSD aber in Anspruch nimmt, ein alternatives Entsorgungskonzept für Abfälle aus dem Siedlungs- bereich, also die Restmüllfraktion, zu sein, ist diese Vermengung unstatthaft. Denn das DSD sammelt und verwertet Verpackungsabfälle, nicht den Restabfall.
Da mit dem Trockenstabilatverfahren die vom BUND geforderte hochwertige werkstoffliche Verwertung von Kunststoffabfällen nicht zu erwarten ist, ist diese Vermischung abzulehnen.

Fazit
Der BUND sieht im Trockenstabilatverfahren kein nachhaltiges, innovatives und zukunftsweisendes Verfahren und auch kein geeignetes Verfahren zur Gewinnung eines schadstoffarmen Brennstoffes. Der BUND rät den verantwortlichen Politikerinnen daher dazu, dieses Verfahren in ihren Verantwortungsgebieten nicht zu etablieren.

Stand: September 1999 

BUNDkontakt: 
     BUNDBundesgeschäftsstelle, Im Rheingarten 7, 53225 Bonn 
     BUNDBundesarbeitskreisAbfall